Der Mensch ist schon ein Wesen voller Widersprüche. Er baut sich Wände auf und setzt ein Dach darauf um sich von den Widernissen der Natur abzugrenzen und holt sich die Natur dann ins Wohnzimmer. Oder er baut sich eine Stadt und legt dann vor jedem Häuschen, das etwas auf sich hält, einen Garten an. Hätte man dann nicht auch in der wilden Natur bleiben können?
So wie der Mensch sich selbst gerne als zivilisiertes Wesen versteht (der Beweis hierfür ist nie erbracht worden), so möchte er sich auch die Natur zivilisieren. Und das geht natürlich dann am besten, wenn man sich die Natur in die eigenen vermeintlich zivilisierten Räumlichkeiten zu holen weiß.
Das geht zum Beispiel mit Hilfe von Haustieren. Das Zusammenleben zwischen Menschen und Haustieren, ist zwar voll von Missverständnissen, aber funktioniert bisweilen recht gut. Ob eine Katze tatsächlich von der Liebe einer Katze viel Ahnung hat, mag zu bezweifeln sein, aber sie kann sich ihrem Besitzer gegenüber doch recht gefällig benehmen und der Drang des Menschen auch ein Tier eine menschliche Seele anzudichten lässt nur selten Konflikte aufkommen. Ein Hund ist gänzlich gewillt sich in das Rudel einzufügen, da wird so mancher Aspekt des seltesamen Verhaltens des Menschen dann eine untergeordnete Rolle spielen.
Noch einfacher als die Tierhaltung ist die Beseelung einer Wohnung durch Zimmerpflanzen. Doch auch diese benötigen eine gewisse Pflege, manch ein Pflanzenliebhaber ist sogar gewillt in diesem Zusammenhang von Liebe zu sprechen. Und tatsächlich: Ungeliebte Pflanzen scheinen öfters ihren Lebensmut zu verlieren und wer nicht jeden Tag ein paar Minuten mit dem Kaktus im Topf zu plaudern weiß, der wird schon bald erfahren wo Kakteen tatsächlich zu Hause sind. Auch wenn diese Form der Zuwendung kaum nachgewiesen werden kann, insbesondere für Singles kann es schon aus eigenem Bedürfnis recht zweckmäßig sein, ein wenig mit der Topfpflanze zu plaudern. Ein Dialog mit den Kaktus ist in jedem Falle günstiger als der Termin beim Psychoanalytiker.
Zimmerpflanzen bieten einen weiteren Aspekt der Kommunikation: Der Mensch neigt dazu, die Atemluft mit Kohendioxyd zu verpesten. Eine Topfplanze nimmt dieses Gift jedoch gerne auf und macht die Atemluft für den Menschen wieder etwas angenehmer.
Der Bedarf an Zuwendung kann bei jeder Pflanze unterschiedlich sein. Ein Kaktus benötigt nicht viel Wasser, aber als Wüstengewächs sollte man ihm das Sonnenlicht nicht vorenhalten. Ein Kaktus leidet still, was bedeutet man sieht ihm nicht sofort an, dass er im Sterben liegt. Auch ein toter Kaktus sieht zunächst noch für eine gewisse Zeit so aus, als wäre er ein lebendiger Mitbewohner. Doch wenn sich seine Außenhülle von der Wurzel lösen lässt, dann mag man sich wünschen, man hätte ihm mehr Aufmerksamkeit gegönnt.